Oranger Wein – was das ist…

 

Oranger Wein? Ja, oranger Wein. Genauso, wie die Geschmacksfamilie – süß, sauer, salzig und bitter – ein fünftes Mitglied – Umami, bekam, ist oranger Wein das vierte Mitglied der Weinfarbenfamilie. Die vierte Weinfarbe – neben Weißwein, Rotwein und Rosé.

Die Bezeichnung „oranger Wein“ ist verhältnismäßig neu. Sie wurde von praktisch denkenden Angelsachsen geprägt, um eine Weingruppe aus Weißtraubensorten, die während der Herstellung über einen gewissen Zeitraum in Kontakt mit den Beerenschalen (Maischegärung oder Mazeration) belassen werden, möglichst genau zu bezeichnen. Es geht dabei um ein Verfahren, das ansonsten zur Herstellung von Rotwein eingesetzt wird. Zugleich ist dies ein traditioneller Zugang, denn Weißweine wurden auch zu früheren Zeiten durch verlängerte Maischegärung hergestellt.

Auf diese Art werden aus den Beerenschalen mehr Farbstoffe und Tannine eluiert, die dem Wein eine tiefe Farbe, etwa die von Altgold oder Bernstein, verleihen. Mancherorts, vor allem aber in Georgien, wird für mazerierten Weißwein auch die Bezeichnung „Bernstein-Wein“ verwendet.

Orange Weine weisen ein breites Geschmacks-Wahrnehmungs-Spektrum auf. Charakteristisch ist ein höherer Tanningehalt, es herrscht das Primäraroma nach Trauben, aber auch nach reifen Früchten vor, oft exponierte Kräuternoten.

 

 

Natürlich, orange

 

Die Hauptcharakteristik der orangen Weine ist eine verlängerte Maischegärung (Mazeration). Weinhersteller entscheiden sich für unterschiedliche Gärungszeiten – je nach Traubensorte und der eigenen Verarbeitungsphilosophie. Die Mazeration kann entweder kurz (einige Tage) oder sehr lang (auch bis ein halbes Jahr) sein. Letzteres gilt besonders für die Fermentierung in Quevris – georgischen Tonamphoren.

Orange Weine werden aus gesunden Trauben durch natürliche Verfahren hergestellt: spontane Fermentierung, keine Zugabe von Weinhefe, keine Kühlung in der Fermentierungszeit und späteres langes Reifen auf Weingeläger in Holzfässern. Vor der Abfüllung in Flaschen werden orange Weine in der Regel nicht filtriert. Die Abfüllung erfolgt erst nach der Klärung, auch unter Berücksichtigung von Mondphasen.

Da orange Weine auf gesunde Art und aus gesunden Trauben hergestellt werden, haben sie eine hervorragende Selbstschutzfähigkeit, weshalb für ihre Stabilität nur eine sehr Geringe Schwefelmenge erforderlich ist. Die Hersteller oranger Weine sind einer naturgemäßen Herstellung verbunden. Viele stellen ihren Wein nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus her und manche sogar nach biodynamischer Methode. Die Ernteerträge sind geringer als in der konventionellen Weinherstellung und die Reifungszeit in den Kellern länger.

Die Hersteller von orangen Weinen sind Wächter einer gesunden und ordentlichen Kulturlandschaft. Sie sind auch Wächter der Tradition, da durch die Erhaltung von alten Weinherstellungsverfahren auch alte, bereits vergessene Rebsorten erhalten werden.

 

 

Die Heimat der orangen Weine

 

Einer der globalen Epizentren der Herstellung von orangen Weinen sind die Weinregionen an der Nordadria – in Slowenien, Italien und Kroatien. Immer mehr Winzer kehren zu den traditionellen Weinherstellungsverfahren zurück und kombinieren diese mit neuen Erkenntnissen. Eine der exponiertesten Regionen bezüglich der Herstellung von orangen Weinen erstreckt sich wie ein Bogen von Friaul aus über Collio (Görzer Hügelland), das Vipava-Tal und den Karst bis nach Istrien. Aus dieser Gegend stammen zahlreiche, weltweit etablierte Hersteller von orangen Weinen.

In der Urheimat des Weins, Georgien, ist die Herstellung von orangem Wein eine Tradition, auf welcher die Georgier ihr Renommee aufbauen. Die Herstellung in Quevris, in der Erde vergrabenen Tonamphoren, in denen der Wein nach beendeter Fermentierung noch über Monate lang in Kontakt mit der Maische verbleibt, verbreitete sich auch über die Grenzen Georgiens hinaus, besonders in die Länder Mittel- und Westeuropas.

Oranger Wein wird in fast allen traditionellen Weinregionen Europas hergestellt. Neben den bereits erwähnten, sind das auch Deutschland, Frankreich, Spanien, Ungarn, Serbien usw. Einige Hersteller kommen auch aus neuen Weinregionen, wie Neu Seeland und den USA.

 

 

Weine mit persönlicher Note

 

Die orangen Weine werden auf Boutiquen Weingütern hergestellt. Die Hersteller sind Bauern und fast alle orangen Weine kommen von kleinen und mittelgroßen Familiengütern.

Die Orangen Weine sind Weine mit persönlicher Note, da sowohl zur Verarbeitung von Trauben als auch von Wein viel Handarbeit, Sorgfalt und Wachen über die Qualität und die Reifung des Produkts erforderlich sind. Die exponiertesten Hersteller von orangen Weinen betonen gerne, dass es bei ihrer Arbeit keinen Platz für Kompromisse gibt.

Die orangen Weine haben Charakter und tragen die „Unterschrift des Autors“, weshalb sich Verkostungen in der Gesellschaft deren Hersteller immer zu einem besonderen Erlebnis entwickeln.

 

 

Orange Weine essen

 

Die orangen Weine allein können auf Grund ihrer Eigenschaften als Essen betrachtet werden. Sie passen hervorragend zu traditionellen Gerichten der Gegend ihrer Herstellung. Auf Grund der Herstellungsart sind sie auch hervorragende Begleiter von Gerichten, zu denen man sonst Rotwein anbieten würde.

Außerordentlich harmonisch wirken sie begleitend zu Fischgerichten, besonders zu Rohfisch und eher fettreichem Fisch. Diese Erkenntnis stammt aus Japan, wo man fest davon überzeugt ist, dass oranger Wein mit Abstand der beste Begleiter von traditionellem Sushi und Sashimi ist.